Vom aufrechten Gang bis zur Eroberung des Weltraums – Menschen wollen mobil sein. Harald Lesch zeigt, wie sich der Radius des Menschen ständig erweitert und technische Entwicklungen es ihm ermöglichen, die Welt zu entdecken.
Was die Welt am Laufen hält: Mobilität - ZDFmediathek
Teil 3 von 3
Professor Harald Lesch „erfährt“ im wahrsten Sinne des Wortes, welche Meilensteine der Technik den Menschen immer schneller gemacht haben. Er ist unterwegs im Führerstand der legendären bayerischen S3/6, der späteren Baureihe 18 der Deutschen Reichsbahn. Die über hundert Jahre alt Dampflok schafft es heute noch auf 120 km/h. Er fährt einen Nachbau des dreirädrigen Patentmotorwagens von Carl Benz, dem ersten richtigen Automobil der Welt – mit einem Zylinder und satten 0,75 PS Leistung. Damit folgt er den Spuren von Berta Benz, die 1888 heimlich eine 100 Kilometer lange Fahrt von Mannheim nach Pforzheim unternahm und damit unbewusst Geschichte schrieb.
Unstillbares Verlangen, Neues zu Entdecken
Fossile Fußspuren in versteinerten Ascheschichten in Ostafrika belegen, dass bereits vor etwa 3,6 Millionen Jahren frühe Vorfahren des Menschen aufrecht gegangen sein müssen, möglicherweise sogar deutlich früher. Diese Art der Fortbewegung hatte enorme Vorteile, beispielsweise in der Nahrungsbeschaffung. Die Evolution des Menschen ist geprägt von unstillbarem Verlangen, Neues zu entdecken, Lebensbedingungen zu verändern, Berge, Wüsten und Meere zu überwinden.
Der Erfindergeist führt zu einem ersten Quantensprung durch die Erfindung des Rades, dann der Domestizierung des Pferdes und dem Einsatz von Fuhrwerken. Viele technische Revolutionen sind mit Mobilität verbunden: Das Fahrrad, die Eisenbahn und das Auto lassen Entfernungen auf dem Landweg schrumpfen. Auf den Weltmeeren sind es Schiffe, die Menschen fremde Kontinente erreichen lassen. Zusammen mit der Entwicklung verbesserter Navigationshilfen beginnt im 15. Jahrhundert von Europa aus die Globalisierung. Und der weltweite Handel findet bis heute vor allem auf den Weltmeeren statt: Rund 90 Prozent aller Warengüter werden auf dem Seeweg transportiert. Neugier und Gier sind untrennbar verbunden mit den Wegen der Entdecker und Eroberer. Doch brachte der Drang nach Mobilität nicht nur Gutes mit sich: beispielsweise durch Krankheiten, die sich im Zuge des globalen Kontakts von Europa her ausbreiteten. Erreger, wie Grippe oder Cholera, reisten im Gepäck der Conquistadores mit und brachten den indigenen Völkern in Amerika den Tod, weil ihnen jegliche Widerstandskräfte fehlten.
Der große Traum vom Fliegen
Mit dem Aufsteigen von Heißluftballons und rund ein Jahrhundert später mit der Erfindung des Flugzeugs erfüllt sich endlich auch der große Traum des Menschen vom Fliegen. Auf einen anderen Kontinent zu fliegen, ist heute etwas Alltägliches. Ob es das auch einmal so sein wird, wenn der Mensch erst den Mars und andere Planeten erreicht hat? Zunehmend wird allerdings klar, dass bei vielen technischen Entwicklungen Segen und Fluch eng beieinander liegen. Durch die zunehmende Belastung der Umwelt sind moderne Fortbewegungsmittel umstrittener denn je. Alternativen sind gefragt – wie beispielsweise solarbetriebene Flugzeuge. Doch wo sind die Grenzen der Mobilität – und ginge es auch langsamer und nachhaltiger? Wie könnte die Mobilität in der Zukunft aussehen?
Harald Lesch über Mobilität
Was bedeutet es für uns, mobil zu sein?
Mobilität ist Freiheit. Das weiß jeder, der sich ins Auto setzt, um sich auf eine Reise zu machen. Es zieht uns einfach immer weiter. Die Geschichte der Mobilität erzählt von unstillbarer Neugierde, Abenteuerlust, Mut, Ideen, Innovationen. Die Distanzen schrumpfen, das Tempo nimmt zu, die Freiheit wächst. Aber unsere Mobilität hat ihren Preis. Unser Wunsch nach Mobilität verändert die Welt unwiederbringlich. Aber das nicht nur zum Guten.
Welche Revolution in der Geschichte der Mobilität hat nach der Erfindung des Rades unser Leben umwälzend verändert?
Im 19. Jahrhundert ändert sich mehr an der menschlichen Mobilität als in 5000 Jahren zuvor. Tempo und die Individualität werden durch neue Fahrzeuge revolutioniert. Es ist die Dampfeisenbahn, die die Geschwindigkeit enorm steigert, etwas, das man bis dahin für völlig unmöglich gehalten hat.
Liegt der Rausch der Geschwindigkeit in der Natur des Menschen?
Wir sind alle Geschwindigkeitsjunkies, zumindest was unsere biologische Grundausstattung betrifft. Bei hohem Tempo sorgt ein Hormongemisch aus Adrenalin und Endorphin für einen Rausch. Also kein Wunder, dass Tempo und Mobilität als Fortschritt und Ruhen und Verharren als Rückschritt angesehen werden.
Was ist Ihre ganz persönliche Lieblingsform der Fortbewegung?
Ich halte es mit dem Dichter Johann Gottfried Seume, der 1802 zu Fuß von Grimma bei Leipzig bis nach Syrakus auf Sizilien spazierte. Er sagte: "Alles würde besser gehen, wenn man mehr ginge."
Sendungsinformationen
Was die Welt am Laufen hält: Mobilität
- Erstausstrahlung ZDF am 10. März 2024, 19:30 Uhr
- Buch Alexander Hogh
- Regie Alexander Hogh, Robert Wiezorek
- Regie Moderation Andreas Sawall
- Redaktion TV Claudia Moroni, Michael Petsch
- Redaktion Online Michael Büsselberg
Weitere Folgen
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sehr empfehlenswert als Grundlage zu Diskussionen im Freundeskreis
Peter J. Hoffmann, Schulleiter